Skepsis erlaubt! – Der neue Begutachtungsleitfaden des MDS

Skepsis erlaubt! – Der neue Begutachtungsleitfaden des MDS
Eine kritische Betrachtung des neuen MDS Begutachtungsleitfadens für Adipositaschirurgie bei Erwachsenen durch Faris Abu-Naaj.

Im Jahr 2017 wurde der neue Begutachtungsleitfaden für Adipositaschirurgie bei Erwachsenen durch den MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) veröffentlicht. Laut dem Verband sollte dieser Leitfaden „bundesweit einen strukturierten Begutachtungsablauf nach einheitlichen, fachlich fundierten Kriterien ermöglichen.“ Doch die Realität wirft Zweifel auf, ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird.

Regionale Unterschiede in der Bewertung von Adipositasoperationen

Nach wie vor bestehen erhebliche regionale Unterschiede in der Art und Weise, wie Krankenkassen und der MDK Anträge auf Kostenübernahme für bariatrische Operationen behandeln. Die Beurteilungen der Gutachter variieren sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich Umfang und Qualität erheblich.

Missverständnisse über die Natur der Adipositas-Chirurgie

Wer immer noch der Ansicht ist, dass Adipositas-Chirurgie „ein Eingriff in ein prinzipiell intaktes Organ darstellt“, hat die Krankheit selbst und die schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Patienten möglicherweise nicht verstanden. Die nachhaltige Gewichtsabnahme nach einem chirurgischen Eingriff und die wirksame Behandlung vieler mit Adipositas verbundener Begleiterkrankungen zeigen deutlich, dass von „intakten Organen“ keine Rede sein kann.

Der begrenzte Einfluss des Leitfadens

Es ist fraglich, ob der veröffentlichte Begutachtungsleitfaden tatsächlich positive Veränderungen bewirken wird. Andere Länder wie die Schweiz haben gezeigt, dass eine kooperative Herangehensweise sowohl den Patienten als auch den Medizinern und den Kostenträgern zugutekommen kann.

Notwendigkeit einer umfassenden Nachsorge

Dieser Leitfaden vernachlässigt oder berücksichtigt nicht ausreichend viele Aspekte der Adipositastherapie. Die Kostenübernahme von Arzneimitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und anderen postoperativen Maßnahmen wird nicht ausreichend behandelt. Dies stellt für viele Patienten eine erhebliche finanzielle Hürde dar, die dringend von Medizinern und Kostenträgern geregelt werden muss.

Transparente und zuverlässige Nachsorge

Die Betonung der Bedeutung der Nachsorge nach bariatrischen Eingriffen ohne die Schaffung verlässlicher Regelungen zur Kostenübernahme ist fragwürdig und zynisch. Die Nachsorgeverfahren variieren selbst bei den Adipositaszentren und den Hausärzten und Internisten erheblich. Es ist an der Zeit, die Nachsorge transparent und zuverlässig zu gestalten, anstatt sie zu einem finanziellen Glücksspiel für die Patienten zu machen.

Die Bedeutung der Qualität der Nachsorge

Die Praxiserfahrung als Leiter von Selbsthilfegruppen zeigt, dass der Erfolg einer bariatrischen Operation maßgeblich von der Zuverlässigkeit und Qualität der Nachsorge abhängt, nicht nur von der Operation selbst. Dies ist ein Aspekt, den dieser Leitfaden nicht ausreichend behandelt.

Ein Appell zur Einheit

Statt die Kassen und Mediziner weiter zu spalten, sollten wir als Adipositaspatienten selbst aktiv werden und negative Kassenentscheidungen in begründeten Fällen fachlich prüfen und dagegen vorgehen. Es ist ermutigend zu sehen, dass zumindest bei vielen Richtern das Verständnis für das Leiden der Adipositaspatienten und das Potenzial der bariatrischen und metabolischen Chirurgie langsam wächst.

Text: Faris Abu-Naaj (2017)

Einen weiteren Artikel zum Thema Nachsorge findet ihr hier!
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Fotos: Canva.com + adipositas-kliniken.com

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