Übergewicht bei Kindern nimmt weltweit zu. Mit der Einführung der sogenannten „Abnehmspritze“ steht eine potenzielle Lösung bereit. Doch welche Kinder sollten behandelt werden und welche Nebenwirkungen sind möglich? Eine neue Studie hat Antworten über die tatsächliche Wirksamkeit herausbekommen. Willkommen zu unserem Blog „Abnehmspritze für Kinder: Ein Durchbruch in der Adipositas-Behandlung“!
Adipositas bei Kindern: Ein wachsendes Problem
Seit den 1970er Jahren steigen die Zahlen übergewichtiger Kinder weltweit kontinuierlich an. In Deutschland sind laut aktuellen Statistiken etwa sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen von Adipositas betroffen. Diese gesundheitliche Herausforderung kann schwerwiegende Folgen haben: Übergewicht im Kindesalter erhöht die Wahrscheinlichkeit, später an Diabetes, Herzkrankheiten oder sogar Krebs zu erkranken.
Hauptursachen für Adipositas liegen in gesellschaftlichen und genetischen Faktoren. Besonders Kinder aus benachteiligten Familien sind häufig betroffen. Ein ungesundes Überangebot an stark verarbeiteten Lebensmitteln, die gezielt für Kinder entwickelt und beworben werden, spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Trotz zahlreicher Präventionsversuche ist es bislang schwer, dem Problem erfolgreich entgegenzuwirken.
Liraglutid: Eine neue Hoffnung?
Eine kürzlich veröffentlichte Studie bietet nun neue Hoffnung: 82 Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren aus verschiedenen Ländern, darunter die Schweiz, Belgien, Indien und die USA, nahmen an der Untersuchung teil. Bei einem durchschnittlichen Body-Mass-Index (BMI) von 31 wogen sie bei einer Körpergröße von 149 cm im Schnitt 70 Kilogramm. Die Studie untersuchte die Wirkung des Medikaments Liraglutid, das ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt wurde und seit 2015 auch bei übergewichtigen Erwachsenen eingesetzt wird.
Liraglutid wirkt, indem es das Hormon GLP-1 imitiert, das im Darm freigesetzt wird und dem Gehirn signalisiert, das Hungergefühl zu dämpfen. Im Vergleich zu neueren Wirkstoffen wie Semaglutid ist die Wirkung von Liraglutid zwar schwächer und kürzer anhaltend, es muss jedoch täglich injiziert werden.
Die Kinder erhielten über einen Zeitraum von 56 Wochen täglich eine Spritze und wurden zusätzlich zu einem gesunden Lebensstil beraten. Ein Drittel der Teilnehmer bekam ein Placebo, während die übrigen zwei Drittel den Wirkstoff Liraglutid erhielten. Alle Kinder wurden darüber hinaus ermutigt, sich täglich mindestens 60 Minuten körperlich zu betätigen.
Was waren die Ergebnisse?
Während der Behandlungszeit wuchsen die Kinder weiterhin, was zu einer Gewichtszunahme führte. Dennoch sank der BMI in der Liraglutid-Gruppe durchschnittlich um 5,8 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg der BMI der Kinder in der Placebo-Gruppe um 1,6 Prozent, was bedeutet, dass sie trotz Ernährungsberatung weiter an Gewicht zulegten.
Die Ergebnisse der Studie wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht und von Experten positiv bewertet. „Erstmals liegt eine wirksame Therapie der Adipositas bei Kindern vor, die zu Ergebnissen führt, die über die herkömmlichen Methoden hinausgehen“, erklärt Martin Wabitsch, Sektionsleiter der Pädiatrischen Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Ulm. Besonders bemerkenswert sei, dass die Effekte bei jüngeren Kindern stärker ausfielen als in Studien mit Jugendlichen.
Nebenwirkungen und Risiken
Trotz der positiven Ergebnisse sind Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Etwa 80 Prozent der Kinder in der Liraglutid-Gruppe litten zu Beginn der Behandlung unter Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall, besonders während der Phase der Dosissteigerung. Bei etwa 12,5 Prozent der Kinder traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf, und 10,7 Prozent brachen die Behandlung ab.
Dennoch wird die Studie von Fachleuten als bedeutender Schritt in der Behandlung von Adipositas bei Kindern betrachtet. „Für eine kleine Gruppe von Kindern mit extremer Adipositas könnte dies eine Lösung sein“, sagt Daniel Weghuber, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Salzburg. Diese Kinder leiden oft unter einer genetischen Veranlagung, die die Regulierung von Hunger und Sättigung beeinträchtigt.
Wie lange sollte die Behandlung dauern?
Die Frage, wie lange die Behandlung mit Liraglutid fortgesetzt werden sollte, bleibt offen. Aus bisherigen Erfahrungen mit Erwachsenen weiß man, dass die Wirkung des Medikaments nur so lange anhält, wie es regelmäßig verabreicht wird. In den Wochen nach dem Ende der 56-wöchigen Behandlungsphase stieg der BMI in beiden Gruppen leicht an, blieb jedoch in der Liraglutid-Gruppe unter dem Ausgangswert.
Eine frühzeitige Intervention könnte jedoch die langfristige Wirkung des Medikaments verstärken. „Eine Hoffnung besteht darin, dass eine frühe Anwendung so deutliche Ergebnisse liefert, dass später eine Reduzierung der Dosis oder sogar ein Absetzen des Medikaments möglich ist“, betont Martin Wabitsch.
Ausblick: Weitere Studien und neue Medikamente
Derzeit laufen weitere Studien, um die langfristigen Effekte von Liraglutid und neueren Wirkstoffen wie Semaglutid zu untersuchen. Letzterer wird nur einmal pro Woche injiziert, was den Behandlungsaufwand erheblich verringern könnte. Die Ergebnisse dieser Studien werden im Jahr 2025 erwartet.
Die Therapie mit Liraglutid bietet für eine kleine Gruppe von Kindern mit extremer Adipositas eine vielversprechende Möglichkeit. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche langfristigen Erfolge diese Behandlung liefern wird.
Einen weiteren interessanten Artikel über das komplexe Feld der Adipositas-Behandlung findet ihr hier.
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Bilder: Canva.com