Wie ich meinen Weg aus dem Teufelskreis fand

Willkommen zu unserem Blog „Wie ich meinen Weg aus dem Teufelskreis fand“, in dem Stefanie M. aus Münster über ihre Erfahrungen berichtet.

Zwei Jahre sind vergangen, seit ich mich für eine Schlauchmagenoperation entschieden habe – ein Schritt, den ich aus heutiger Sicht viel früher hätte wagen sollen. Viele alte und neue Bekannte stellen mir immer wieder die gleiche Frage: „Wie konntet ihr es überhaupt so weit kommen lassen?“ Wenn ihr in einer ähnlichen Situation seid oder wart, wisst ihr sicher, dass sich diese Entwicklung oft schleichend vollzieht.

Der Beginn: Ein schleichender Prozess

In den ersten Jahren waren es nur wenige Kilos, die dazukamen. Doch mit der Pubertät beschleunigte sich die Gewichtszunahme erheblich. Die Folgen waren deutlich spürbar: In der Schule erlebte ich Ausgrenzung, Missachtung und Hänseleien. Zu Hause übten meine Eltern Druck aus, endlich etwas gegen das Übergewicht zu unternehmen. Ich probierte Crash-Diäten, Fastenkuren und sogar einen mehrwöchigen Aufenthalt in einer Jugendkur. Doch jedes Mal war das Ergebnis das gleiche: Das Gewicht stieg wieder an – und mit ihm die Verurteilungen, Beschimpfungen und das Gefühl der Isolation.

Der Rückzug: Gefangen in der eigenen Burg

Mit der Zeit zog ich mich immer mehr zurück. Mein Zimmer wurde zu meiner Burg, in der ich mich vor abschätzigen Blicken und verletzenden Worten schützen konnte. Freunde besuchten mich kaum noch, und es gab Tage, an denen ich gar keinen Kontakt zu anderen Menschen hatte. Das machte mich immer unglücklicher und bestärkte das Gefühl, aus eigener Kraft nichts ändern zu können.

Die Bedeutung konservativer Maßnahmen

Konservative Therapiemaßnahmen wie Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und psychologische Unterstützung spielen eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Adipositas. Diese Ansätze helfen, langfristig gesunde Gewohnheiten zu entwickeln und das Gewicht zu reduzieren. Ich möchte betonen, dass konservative Behandlungen das A und O bei der Therapie von Adipositas sind und dass sie für die allermeistens Menschen mit Adipositas die Lösung darstellen. In meinem Fall blieben trotz großer Bemühungen nachhaltige Erfolge aus. Erst durch die Kombination aus einer Selbsthilfegruppe und der Entscheidung für eine Operation konnte ich die notwendige Veränderung in meinem Leben erreichen.

Ein Wendepunkt: Die Kraft der Freundschaft

Erst die Begegnung mit meiner heutigen besten Freundin veränderte alles. Sie verurteilte mich nicht, sondern war freundlich, offen und unterstützend. Gemeinsam unternahmen wir viel – von Spaziergängen über Kinobesuche bis hin zu Konzerten. Auf einem dieser Konzerte lernte ich Marianne kennen, die in einer ähnlichen Situation war. Sie erzählte mir von einer Adipositas-Selbsthilfegruppe, die ihr Leben verändert hatte, und lud mich ein, sie zu begleiten. Diese Einladung war der Beginn eines neuen Kapitels in meinem Leben.

Der Weg zur Selbsthilfe

Mit meiner Freundin an meiner Seite fiel es mir leichter, die fremden Menschen in der Gruppe zu treffen. Ich erlebte einen entspannten Abend unter Gleichgesinnten, die meine Erfahrungen nachvollziehen konnten. Von ihnen erfuhr ich auch von der Möglichkeit, mit einer Operation mein Gewicht zu reduzieren und meine Gesundheit zu verbessern. Nach einem Jahr intensiver Überlegung wagte ich den Schritt zur Schlauchmagenoperation.

Heute: Ein neues Leben

Heute wiege ich 28 Kilogramm weniger und habe ein neues Lebensgefühl gewonnen. Ich kann mich besser bewegen, habe eine Arbeit im Einzelhandel gefunden und bin in einer festen Beziehung. Natürlich frage ich mich manchmal, ob wir auch zusammengefunden hätten, wenn ich noch deutlich übergewichtig gewesen wäre – aber diese Gedanken bringen mich nicht weiter.

Was wirklich zählt, ist die Erkenntnis: Sich selbst im Weg zu stehen und nur andere für die eigene Situation verantwortlich zu machen, bringt keine Lösung. Stattdessen ist es entscheidend, die Anfeindungen von früher hinter sich zu lassen, neue Menschen kennenzulernen und Hilfe anzunehmen. Der Besuch der Selbsthilfegruppe war für mich ein Schlüsselmoment.

Meine Botschaft an euch

Ich möchte euch ermutigen, den ersten Schritt zu gehen. Sucht Menschen, die euch unterstützen, und probiert neue Wege aus. Es gibt immer eine Möglichkeit, euer Leben positiv zu verändern – ihr müsst nur den Mut finden, sie zu ergreifen.

Nachtrag von Adipositas Kliniken:
Wissenschaftliche Perspektiven auf Adipositas

Adipositas ist eine komplexe chronische Erkrankung, die oft durch ein Zusammenspiel aus genetischen, hormonellen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren entsteht. Aktuelle Forschungen betonen die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes, der sowohl körperliche als auch mentale Aspekte berücksichtigt. Chirurgische Eingriffe wie die Schlauchmagenoperation gelten als effektive Methode, wenn konservative Therapien ausgeschöpft sind, insbesondere bei Menschen mit starkem Übergewicht und gesundheitlichen Folgeerkrankungen. Sie können jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn sie durch ein langfristiges Nachsorgeprogramm begleitet werden, das Ernährungsumstellung, Bewegung und psychologische Betreuung einschließt.

Einen weiteren Artikel zum Thema findet ihr hier.

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Bilder: Canva.com