Nach einer bariatrischen Operation stehen viele vor neuen Herausforderungen. Während die körperlichen Veränderungen meist im Vordergrund stehen, bleibt oft unbemerkt, dass sich die psychischen und emotionalen Bedürfnisse ebenfalls anpassen müssen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Suchtverlagerung: Die reduzierte Essensmenge kann dazu führen, dass frühere Funktionen des Essens durch andere Suchtverhalten ersetzt werden. Dieser Text beleuchtet die neurobiologischen Hintergründe des Essverhaltens, das Risiko einer Suchtverlagerung und gibt Empfehlungen zur Prävention durch individuelle Genussalternativen und Achtsamkeit. Willkommen zu unserem Blog „Suchtverlagerung nach bariatrischen Operationen“.
Essen ist für uns Menschen mehr als nur eine notwendige Nahrungsaufnahme. Es ist ein soziales Ereignis, das wir mit Feiern und besonderen Momenten verknüpfen. Ob beim Hotelbuffet im Urlaub oder bei großen Festessen mit der Familie – diese Erlebnisse haben einen hohen Stellenwert in unserem Leben. Essen dient zudem oft als Belohnung, Trost oder zur Gefühlsregulierung, was meist unbewusst erfolgt und tief in unserer Kindheit verwurzelt ist.
Neurobiologie des Essverhaltens und Sucht
Neurobiologische Erkenntnisse zeigen seit einigen Jahren, dass Essverhalten und Sucht eng miteinander verbunden sind. Unser Gehirn setzt bei angenehmen Erfahrungen Botenstoffe wie Dopamin und körpereigene Opioide frei, die als angenehm empfunden werden. Dieses sogenannte dopaminerge Belohnungssystem sorgt dafür, dass wir schöne Erlebnisse wiederholen möchten. Nicht nur natürliche Erfahrungen wie Essen und Sex, sondern auch Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Drogen aktivieren dieses System, oft sogar stärker.
Suchtverlagerung nach bariatrischen Operationen
Nach bariatrischen Operationen, wie einem Magenbypass, besteht das Risiko, dass die Sucht nach Essen durch andere Süchte ersetzt wird. Wenn die reduzierte Essensmenge die bisherigen Funktionen des Essens nicht mehr erfüllt, steigt das Risiko, auf andere Genussmittel wie Alkohol auszuweichen. Studien zeigen, dass das Risiko für Alkoholmissbrauch nach einer bariatrischen Operation erheblich steigt. Besonders im zweiten Jahr nach der Operation steigt die Zahl der Alkoholabhängigen deutlich.
Warum Alkohol ein besonderes Risiko darstellt
Die anatomischen Veränderungen nach einer bariatrischen Operation verstärken die Wirkung von Alkohol. Normalerweise wird Alkohol teilweise im Magen abgebaut, aber bei einem Magenbypass gelangt er direkt ins Blut und Gehirn. Dies führt zu einem schnellen „Alkoholkick“, der das Risiko einer Alkoholsucht erhöht. Es ist daher wichtig, nach der Operation besonders achtsam zu sein.
Weitere Formen der Suchtverlagerung
Suchtverlagerung kann sich auch in anderen Bereichen zeigen. Ehemalige Raucher könnten wieder anfangen zu rauchen, andere neigen zu Schmerzmittelmissbrauch oder Glücksspiel. Jeder sollte seine persönliche Achillesferse kennen und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die neu entstandene Lücke zu schließen. Individuell geeignete Alternativen des Genusses zu finden, ist eine effektive Präventionsmaßnahme.
Prävention durch Selbstwahrnehmung und Therapie
Eine ehrliche Selbstwahrnehmung und die Suche nach persönlichen Genussalternativen sind entscheidend. Diese Themen sollten im Rahmen einer Psychotherapie vor und nach der Operation intensiv behandelt werden. Ob ein Treffen mit Freunden oder das Lesen eines Buches – was Genuss bedeutet, ist individuell unterschiedlich und sollte den eigenen Bedürfnissen entsprechen.
Einen weiteren Artikel zum Thema Sucht findet ihr in diesem Blog.
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Bilder: Canva.com